In unserer Interviewreihe stellen wir die wichtigsten "Netzwerke" und Institutionen der Karlsruher Kultur- und Kreativwirtschaft vor. Dieses mal ist das K3 Team im Gespräch mit David Hermanns, dem Geschäftsführer des CyberForum.
Herr Hermanns, geben Sie uns doch kurz einen Einblick in die Arbeit des CyberForum.Das CyberForum ist mit über 1.000 Mitgliedern das größte regional agierende Hightech.Unternehmer.Netzwerk. in Deutschland. Kürzlich wurden wir vom Ministerium für Finanzen und Wirtschaft und der European Cluster Excellence Initiative als bestes Cluster landesweit und als das führende IT-Netzwerk in Europa ausgezeichnet. Unsere Mitglieder kommen zum Großteil aus der Hightech- und IT-Branche. Viele sind aber auch in der Medien- und Kreativszene unterwegs. Wir verstehen uns als Motor und Kompetenzzentrum für einen international attraktiven IT-Standort und wollen die TechnologieRegion Karlsruhe voranbringen.Welche weiteren Aufgaben hat das CyberForum?Um es kurz zu machen: Wir unterstützen die regionale IT-Wirtschaft in allen Phasen der Unternehmensentwicklung. Das beginnt mit der Erstberatung von Gründern, über Weiterbildungsangebote für Mitarbeiter und geht bis zur Bündelung der Interessen der gesamten IT-Branche. Wir sehen es als unsere Aufgabe, die IT-Region Karlsruhe nach innen und außen zu stärken. Ein besonderes Augenmerk legen wir auf das Thema Fachkräftesicherung: Wir haben seit 16 Jahren ein Ausbildungsprogramm, bei dem wir Azubis an unsere Mitglieder vermitteln. Hinzu kommt „Finish IT“ – ein Projekt extra für Studienabbrecher.Würden Sie uns dieses "Finish IT" kurz näher erläutern?In Deutschland brechen in IT-Studiengängen mehr als 30% ihr Studium ab, wechseln in einen anderen Studiengang oder verlassen die Hochschule ganz ohne Abschluss. Das sind Fachkräfte, die der Branche verloren gehen. Deshalb haben wir 2011 "Finish IT" ins Leben gerufen. Durch "Finish IT" können Studienabbrecher in nur einem Jahr ihren IT-Abschluss nachholen und das berufsbegleitend, also von Beginn an mit einem festen Gehalt. Das Projekt ist bundesweit einmalig. Wir bekommen Bewerbungen aus ganz Deutschland.Ein weiteres Projekt ist das CyberLab. Worum handelt es sich dabei?Im CyberLab stellen wir ausgewählten Gründern sieben Monate lang unentgeltlich Arbeitsplätze zur Verfügung. Bei gründungsrelevanten Fragen haben die StartUps einen extra Ansprechpartner mit eigener Gründungserfahrung. Außerdem werden die Teams von den Mitarbeitern des CyberForum unterstützt – etwa beim Marketing oder der Pressearbeit. Das Herzstück des CyberLab bildet ein intensives Mentorenprogramm, durch welches die Gründer wichtige Unterstützung von erfahrenen Unternehmern erhalten.Die Geschichte des CyberForum ist eine Erfolgsgeschichte. Woran liegt das in Ihren Augen? Das CyberForum wurde 1997 von Dr. Friedrich Georg Hoepfner zusammen mit dem damaligen Oberbürgermeister Prof. Gerhard Seiler gegründet. Wir sind sehr schnell gewachsen und hatten bereits nach drei Jahren über 500 Mitglieder. Herr Hoepfner hat damals über sein eigenes Netzwerk eine sehr schnelle Durchdringung hinbekommen.Das CyberForum war aber auch von Beginn an strategisch sehr gut aufgestellt, weil es eben nicht nur ein Karlsruher Netzwerk sein sollte, sondern komplett in die TechnologieRegion eingebettet war und Entscheidungsträger der Region in die Gremien des CyberForum eingebunden wurden. Dadurch sind auch sehr schnell Gemeinden aus dem Umland Mitglied bei uns geworden.Der Fokus bei den Mitgliedern liegt aber schon im IT-Bereich?Richtig. Unser Fokus liegt im Bereich Web, IT und Medien. Dabei ist es nicht wichtig, ob man Einzelkämpfer oder ein großes Unternehmen ist. Wir versuchen, allen gerecht zu werden: Vom StartUp, über den Hidden Champion bis hin zum internationalen Branchenführer.Was macht das CyberForum für Mitglieder denn so interessant?Unser Motto lautet „Aus dem Netzwerk für das Netzwerk“. Bei uns können sich Gleichgesinnte treffen und sich über unternehmerische Themen austauschen. Und das auf mittlerweile rund 150 Veranstaltungen pro Jahr.Welche Veranstaltungen bietet das CyberForum an?Da wären zum Beispiel unsere RoundTables und CyberCircles zur Weiterbildung. Hinzu kommen spezielle Events für StartUps – sogenannte Business Angel Matching, durch welche wir Gründer mit potenziellen Investoren zusammenbringen. Und natürlich unsere Networking Events zum Austausch in lockerer Atmosphäre, beispielsweise der InfoMarkt. Mit dem AppArtAward und der bizplay konnten wir sogar bundesweit für Aufmerksamkeit sorgen. Vor kurzem haben wir auch gemeinsam mit der KA-IT-Si die größte Crypto-Party Deutschlands veranstaltet, mit über 600 Besuchern.Wie ist Ihre Meinung zur momentanen Lage der Kultur- und Kreativwirtschaft in Karlsruhe?Für eine Stadt der Größe Karlsruhes haben wir eine hervorragende Ausgangssituation. Mit der HfG und dem ZKM gibt es vor Ort zwei internationale Leuchttürme. Gemeinsam mit der sehr renommierten Hochschule für Musik, der Kunstakademie und den anderen Hochschulen bilden diese einen großen Kreativpool. Wichtig sind natürlich auch Netzwerke wie die MEKA, ausgeschlachtet e.V. oder eben das CyberForum.Wie ist Karlsruhe im Vergleich mit anderen Städten positioniert?Die hiesigen Medien-, Games- und IT-Unternehmen machen die Region zu einer der stärksten im gesamten Kreativwirtschaftsumfeld Baden-Württembergs. Karlsruhe kann sich mit Großstädten messen, sollte bei der Bewertung aber nicht außer Acht lassen, dass die eigene Stärke und machbare Positionierung in Relation zur Größe steht.Wie kann man Karlsruhe denn da noch weiter pushen?Durch den Kreativpark Ost und das Perfekt Futur wurde eine atmosphärische Verortung für die Szene geschaffen. Das war ein wichtiger Schritt. Die Entwicklung des Areals muss jetzt konsequent weiter verfolgt werden. Allerdings reden wir hier von der Kreativ-Wirtschaft. Soll heißen: Am Ende muss eine schwarze Null unterm Strich stehen. Es geht also darum, dass man noch mehr betriebswirtschaftliche und unternehmerische Perspektiven einfließen lässt – auch was die Programmatik und Unterstützung anbelangt. Außerdem müssen insbesondere die kreativen Hochschulen noch intensiver in den Prozess eingebunden werden. Gibt es auch Handlungsbedarf im Stadtmarketing?Bei der Vermarktung der Stadt, das muss man sagen, lief in der Vergangenheit nicht alles optimal. Soweit ich weiß, ist eine Neustrukturierung bereits im Gange. Von dieser erhoffe ich mir, dass in Zukunft eine klarere Botschaft kommuniziert wird, was die Stadt Karlsruhe ausmacht. Ich persönlich erachte es als sehr positiv, dass sich das Stadtmarketing mittlerweile sehr auf die Bereiche Kultur, Innovation, Technologie, Wissenschaft und Forschung konzentriert: Hier sehe ich eine besondere Stärke Karlsruhes.Wie betrachten Sie persönlich die Arbeit des K3 Büros?Hervorragend. Durch das K3 Büro hat die Kreativbranche endlich einen städtischen Vertreter, der auch als Sprachrohr in die Stadt hineinwirken kann, der Projekte wie das Perfekt Futur anschiebt und begleitet. Wichtig ist in diesem Zusammenhang dann die Frage, wie die dort entstandenen neuen Firmen zukünftig begeleitet und mit Serviceleistungen für Gründer unterstützt werden können. Da sind wir in einem sehr guten Dialog; wir schauen was wir als CyberForum dazu beitragen können und was man auch gemeinsam machen kann. Auch auf Projektebene gibt es bereits erfolgreiche Kooperationen, wie das jährliche Gamification-Symposium BIZPLAY. Spannend wird es vor allem dann, wenn wir die hiesigen Hightechfirmen mit den Kreativunternehmen noch besser vernetzten können, dann entstehen echte Mehrwerte für alle Beteiligten.Welche Maßnahmen kann man treffen, um noch mehr Kreative nach Karlsruhe zu holen?Das ist nicht so einfach zu beantworten, weil die Kreativwirtschaft sehr breit gefächert ist. Über die Notwendigkeit einer besseren Heranführung an die wirtschaftliche Seite habe ich ja bereits gesprochen: Da wären zum Beispiel Coaching-Angebote möglich. Bezüglich der finanziellen Unterstützung könnte man über Crowdfunding nachdenken, um die Anschubfinanzierung sicherzustellen. Mikrokredite wären auch eine Möglichkeit: vor allem für Kreative mit nur etwa drei oder vier Mitarbeitern, die dementsprechend Kredite in einem kleineren Rahmen benötigen. Spendenmodelle könnten an der Schnittstelle von Kultur- und Kreativwirtschaft funktionieren. Außerdem könnte die Stadt die regionale Kreativwirtschaft noch viel stärker in ihre Ausschreibungen einbinden. Ansonsten sind die Rahmenbedingungen meiner Meinung nach nicht schlecht.Warum sollten sich kreative Existenzgründer für Karlsruhe entscheiden?Wir haben hier in Karlsruhe ein sehr gutes wirtschaftliches Umfeld. Finanzstarke Kunden zu gewinnen, ist hier deutlich einfacher als zum Beispiel in Berlin, wo sich die Kreativwirtschaft im absoluten Selbstausbeutungsmodus befindet. Außerdem sind die Wege hier in Karlsruhe kurz und alle arbeiten Hand in Hand. Beispielsweise kooperieren die wichtigsten Partner im Gründungsbereich in der Karlsruher Gründerallianz. Und mit dem Perfekt Futur haben wir nun endlich ein echtes Gründerzentrum für die Kreativszene. All diese Faktoren sind für eine Unternehmensgründung existenziell. Ich persönlich bin absoluter Fan von Karlsruhe. Es gibt nur wenige Regionen, in denen vier alte Kulturräume in einem Umkreis von 25km aufeinandertreffen. Es gibt den alten Kraichgau, wo schon die Römer Wein angebaut haben, den Nordschwarzwald, die Südpfalz die als die Toskana Süddeutschlands bezeichnet wird, und das Elsass, in dem man das französische „savoir vivre“ erleben kann. Ich sage immer: Karlsruhe ist das Zentrum des Glückskleeblatts.Welche abschließenden Ratschläge möchten Sie Existenzgründern mit auf den Weg geben? Besonders wichtig ist: Man muss für seine Ideen brennen. Es braucht viel Energie und einen entsprechenden Durchsetzungswillen, um ein Unternehmen zu gründen. Gleichzeitig sollte man aber auch offen genug sein, auf Andere zu hören, die einen fachlich unterstützen können. Deshalb sollte man auch versuchen, schnellstmöglich mit der Gründer-Community in Kontakt zu treten ein eigenes Netzwerk aufbaut. Wichtig ist auch, dass man so schnell wie möglich Beziehungen zu potenziellen Kunden aufbaut, um zu erkennen, ob das eigene Produkt überhaupt den Bedarf der Kunden deckt. Von zentraler Bedeutung ist das richtige Team. Im besten Fall sollte es unterschiedliche Kompetenzen vereinen, denn dann kann sich jeder Einzelne auf seine persönlichen Stärken konzentrieren. Leider scheitern sehr viele Gründungen an unterschiedlichen Ansichten innerhalb des Teams. Deshalb ist es wichtig, auch als Gründerteam für dieses potenzielle Konfliktthema sensibilisiert zu sein, und sich bei Bedarf frühestmöglich externe Unterstützung zu suchen.David Hermanns ist seit über sieben Jahren Geschäftsführer des CyberForum e.V.
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