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In unserer Interviewreihe stellen wir die wichtigsten "Netzwerke" und Institutionen der Karlsruher Kultur- und Kreativwirtschaft vor. Anlässlich des Independent Days Filmfests 2014, welches vom 09. bis zum 13. April stattfindet,  ist das K3 Team im Gespräch mit Dr. Oliver Langewitz, dem Geschäftsführenden Vorstand des Filmboards Karlsruhe.

Hallo Oliver, bitte erzähl uns zu Beginn des Interviews etwas über das Filmboard Karlsruhe.

Das Filmboard ist ein gemeinnütziger Verein mit über 50 Mitgliedern aus der Filmbranche. Wir haben eine Netzwerkfunktion für die lokale Filmbranche, sind Ansprechpartner für externe Filmproduktionen und sind vor allem im sozialen und kulturellen Bereich tätig. Wir arbeiten mit verschiedenen Sozialträgern zusammen, produzieren Filme für die Verkehrsbetriebe oder machen Kinder- und Jugendprogramme. Im Kulturbereich gibt es überwiegend Veranstaltungen, hier wäre vor allem unser Internationales Filmfestival, die „Independent Days, zu nennen.

Welche Intention steckte hinter der Gründung des Filmboards?

Das Filmboard hat sich 2007 aus der Intention heraus gegründet, eine regionale Filmkommission für den Raum Karlsruhe und Baden-Baden zu installieren. Von städtischer Seite wurde uns schnell signalisiert, dass man am liebsten einen gemeinnützigen Verein unterstützen würde. Ich habe daraufhin verschiedene Filmemacher, Produzenten und Freelancer angesprochen und mit 13 Gründungsmitgliedern ist dann das Filmboard entstanden.

Kannst du uns kurz einige Projekte des Filmboards vorstellen?

Im Januar 2014 wurde unser Kurzfilm „Jäger und Gejagte“ fertig gestellt, der auf einer Kurzgeschichte von Alicia Sérieux basiert. Bei dem Mysteryfilm handelte es sich um ein sehr aufwändiges Projekt, das nun zuerst auf Festivals und später im TV ausgewertet werden soll. Derzeit arbeiten wir an dem Dokumentarfilm „Alle anderen sind nicht gleich anders.“, der der Frage nachgeht, wie Rassismus entsteht und man diesem begegnen kann. Dieser Film wird im Sommer 2014 fertig gestellt werden. Im Sommer letzten Jahres wurde unser Präventionsprojekt „Stell dich nicht taub für die Karlsruher Verkehrsbetriebe erstmals öffentlich präsentiert. Bei diesem Projekt ging es darum, dass immer mehr Verkehrsteilnehmer mit Kopfhörern durch die Weltgeschichte radeln. Da gab und gibt es einen großen Bedarf zu informieren und das haben wir mit unserem Präventionsfilm getan. Ganz oft werden wir auch von Musikern angesprochen, die zum Teil einen großen Namen haben, aber nicht die großen Budgets. Da helfen wir dann auch gerne, einzelne Projekte zu realisieren, zuletzt der Clip „Jackson Town“ von Jamie Clarke`s Perfect. Ein weiteres Beispiel wäre unser Poesiefilm „Sugar, der erstmals im Rahmen der Karlsruher Literaturtage aufgeführt wurde. Wichtig und interessant ist ebenfalls unsere Film- und Medienakademie, in der wir unsere Projektarbeit unseren Workshopteilnehmern vermitteln und näher bringen wollen. Dies wird bisher sehr gut angenommen.

Gibt es ein besonderes Projekt oder Mitglied, das du uns kurz vorstellen willst?

Das Langfilmprojekt von Serdar Dogan, der „Achte Kontinent, finde ich sehr bemerkenswert und positiv und unterstütze dies auch sehr gerne. Schon sein erster Film „Kopfkino war ein klasse Projekt. Es gibt aber so viele spannende Ereignisse im Laufe eines Jahres und das ist auch das Interessante an unserer Arbeit - man hat hier innerhalb des Netzwerks immer diese Dynamiken, oder Mitglieder treffen sich bei den Independent Days und stellen fest, dass sie zusammen ein Projekt realisieren wollen. Für mich als Vorstand ist es persönlich daher immer schwierig, den Einen oder Anderen hervorzuheben. Wir unterstützen grundsätzlich jeden im Rahmen unserer Kapazitäten und da möchte ich niemanden bevorzugen oder benachteiligen.

Wie finanziert ihr diese Projekte und eure Arbeit?

Der Verein trägt sich, was Räumlichkeiten, Infrastruktur oder Kommunikation angeht, über eine institutionelle Förderung. Über unsere Projektarbeit bekommen wir dann noch einmal Drittmittel oder Projektzuschüsse von der Stadt und anderen Institutionen sowie Stiftungen. Aufgrund unserer Gemeinnützigkeit vermittele ich die wirtschaftlich intendierten Projekte weiter, die sozialen und kulturellen Projekte realisieren wir selber und darüber kommen dann weitere Gelder in die Kasse.

Welche Menschen sind denn bei euch Mitglied?

Unsere Mitglieder sind überwiegend Filmemacher, die damit auch ihre Brötchen verdienen. Da gibt es Image- und Werbefilmer, Dokumentarfilmer, Regisseure, Autoren oder auch Kameraleute. Wir haben jedoch keine Zugangsbeschränkungen. Wer Interesse hat, kommt einfach zu unserem monatlichen Jour-Fixe und wenn man sieht, dass es passt, dann kann man einen Mitgliedsantrag ausfüllen und dem wird in der Regel dann auch zugestimmt – wir wollen als Ansprechpartner ja gerade auch für den Nachwuchs etwas leisten.

Was kann sich der Nachwuchs und was kann ich mir von einer Mitgliedschaft beim Filmboard erhoffen?

Interessant wären für den Nachwuchs sicherlich die Kontakte. Wir haben unseren Jour-Fixe, bei dem man sich kennenlernen und zueinander finden kann, wir haben unsere Webseite, nutzen Facebook oder verschicken einen wöchentlichen Newsletter. So kommunizieren wir über unsere verschiedenen Projekte und dieses gegenseitige Wissen von Personen und Projekten ist enorm wichtig.

Wann und wo findet denn dieser Jour-Fixe statt?

Wir treffen uns immer am ersten Donnerstag im Monat im Aurum (Alter Schlachthof 45, 76131 Karlsruhe, Anm. d. Red.). Wie erwähnt, kann hier jeder Interessierte unverbindlich vorbeischauen, man lernt sich kennen, kann sich unterhalten und Kontakte knüpfen und dann können beide Seiten schauen, ob man zueinander passt oder nicht. Wir haben ja nicht nur über 50 Mitglieder im Filmboard, sondern können auch auf ein loses Netzwerk von mehreren Hundert Filmemachern, Schauspielern etc. zurückgreifen, die nicht Mitglied bei uns sind. Verwaltung und Vereinsmeierei sind halt nicht für jeden etwas. Wir sind also nicht nach außen geschlossen und es ist auch nicht notwendig, bei uns Mitglied zu sein, um von uns beraten zu werden oder bei Projekten mitzuarbeiten.

Du hast in der ersten Frage das Independent Days Filmfest genannt. Dieses findet in diesem Jahr zum 14. Mal statt, was sind die Schwerpunkte und Highlights in diesem Jahr?  

Erfahrungsgemäß für großen Andrang sorgen werden sicherlich die Wettbewerbsblöcke - hier insbesondere die Finalblöcke und die Preisverleihung - unser Regionalblock „Karlsruhe&Friends“ und der nicht ganz ernstgemeinte Kurzfilmblock „Trash für eine böse Welt“. Zudem stellen wir im Indierama außer Konkurrenz thematische Filmblöcke zusammen. Wir haben zum Beispiel ein Programm speziell für Jugendliche, „Teenager Stories“, möchten mit „Life is a Cartoon“ Animationsfreunde ansprechen und beleuchten mit „Willkommen zuhause – Distillery 20 Jahre Club Geschichte“ die Entwicklung der Technoszene in Deutschland. Horrorfilmfreunde kommen bei „Horror, Thrill & Zombie-Culture“ auf ihre Kosten und beim Programmblock „Der Ruf Gottes“, den wir in Kooperation mit dem Roncalli-Forum ausrichten, setzen wir uns mit aktuellen Glaubensfragen auseinander.  Ich denke, uns ist wieder ein bunter Mix gelungen mit insgesamt 114 Filmen der unterschiedlichsten Genres, erzählerischen Ansätzen und voller künstlerischer Innovationen.

Stichwort „Kreativwirtschaft in Karlsruhe: Wie beurteilst du die momentane Situation der Karlsruher Kreativwirtschaft?

Ich glaube, die Stadt hat sehr gute Weichen für die Kreativwirtschaft gestellt. Die Situation sieht an anderen Standorten viel prekärer aus, weil dort nicht die Finanzmittel von städtischer Seite da sind. Karlsruhe ist attraktiv und expandiert, damit ist natürlich auch verbunden, dass die Preise steigen. Das muss man irgendwie auffangen. Wir haben viele große Unternehmen und die Verkehrsanbindung ist sehr gut. Die Kreativwirtschaft ist also politisch gewünscht und ökonomisch sind wir ein sehr guter Standort. Die niederländische Botschaft sondiert beispielsweise gerade mögliche Standorte in Deutschland für Kreativschaffende und die war von Karlsruhe sehr angetan. Man muss wissen, dass die Niederländer in der Kreativwirtschaft führend sind, die hängen sich richtig ins Zeug, werden staatlich gefördert und haben große Verbände, die sich engagieren. Wenn das dann jemand sagt, der aus einem Land kommt, das in diesem Bereich sehr gut aufgestellt ist, dann ist das schon ein Zeichen, dass hier einiges richtig gemacht wird und Karlsruhe für Kreativschaffende durchaus attraktiv ist.

Wie siehst du Karlsruhe im Vergleich zu anderen Städten?

Vergleicht man Karlsruhe mit Großstädten wie Berlin oder Hamburg, dann herschen dort oftmals eine größere Konkurrenz oder eine mindere Auftragslage. Vergleicht man Karlsruhe wiederum mit anderen Städten der gleichen Größe, dann ist die Situation hier beachtlich. In vielen Bereichen, wie z. B. in der IT-Branche, ist Karlsruhe führend in Deutschland. Da muss man sich natürlich entscheiden: Möchte ich in einer kleineren, mittelgroßen Stadt leben und arbeiten, in der die Auftragslage gut ist, oder möchte ich in einer Großstadt leben und arbeiten, in der man eventuell weniger Aufträge hat? Da man gerade in dieser Branche von etwas leben muss, ist man auch immer von einer starken Wirtschaft abhängig, die hier definitiv vorhanden ist.

Was würdest du noch verbessern?

Ich würde mir wünschen, dass man noch selbstbewusster auftritt, stärkere Kommunikationsstrategien nach außen fährt und sagt: Wir haben hier in Karlsruhe alles, was man braucht! Hier vermisse ich leider noch eine klare Linie, in der wir die Charakteristik des Standorts mit einem emotionalen und identitätsstiftenden „Markenkern“ vermitteln.

Wie beurteilst du in diesem Zusammenhang die Arbeit des K3 Büros und der Stadt?

Ein Büro wie das K3 Büro finde ich sehr hilfreich, gerade für die Nachwuchsberatung. Ich sehe immer wieder Bedarf an Workshopreihen und Veranstaltungen, die man anbietet und nach außen transparent macht. Das sind schon wichtige Aufgaben, die da übernommen werden. Da die Stadt auch immer wieder extern in vielen Bereichen angesprochen wird, ist es ganz wichtig, dass es dafür eine entsprechende Ansprechstelle gibt. Ich persönlich finde es sehr gut, dass die Stadt da einen sehr offenen und ehrlichen Dialog anregt und versucht, möglichst viele Standpunkt zu hören. Was dann daraus abgeleitet werden kann, ist dann noch einmal eine ganz andere Sache - Ressourcen sind ja leider doch endlich, personell und finanziell-, ich glaube aber, das funktioniert hier in Karlsruhe schon ganz gut.

Wie ist das Verhältnis von Kreativnetzwerken untereinander? Sieht man sich da als Konkurrenten oder als Partner einer gemeinsamen Sache an?

Das möchte ich beides bejahen. Es gibt diesen merkwürdigen Begriff der Koopkurrenz, das heißt, jeder Freelancer ist sein eigener Herr und jeder andere ist in irgendeiner Weise auch ein Konkurrent. Bei einem Projekt, bei dem man dann doch mal 5 bis 6 Mitarbeiter braucht, geht man natürlich eine Kooperation ein. In Bezug auf Netzwerke war ich noch nie ein Freund von dem Gedanken der Konkurrenzsituation. Sicherlich gibt es immer wieder Institutionen, die etwas Ähnliches machen, aber da darf man sich nicht zerfleischen, das finde ich nicht zielführend. Man sollte sich lieber zusammensetzen und gemeinsame Schnittpunkte finden.

Du als Karlsruher möchtest zukünftige Existenzgründer in deine Stadt holen: Wie würdest du sie überzeugen?

Ich habe es persönlich noch nie nachvollziehen können, warum man nicht nach Karlsruhe kommt und in andere Städte zieht. Für Kreative sind natürlich in erster Linie die gute Auftragslage und Infrastruktur von Interesse. Karlsruhe hat in Relation zu seiner Größe aber auch eine extrem hohe Lebensqualität und ein sehr vielfältiges kulturelles Angebot auf einem sehr hohen Niveau. Gerade das Verhältnis der großen Institutionen zu einer sehr vielschichtigen Kleinteiligkeit finde ich hier sehr interessant. Das macht die Stadt lebendig. Es ist zwar etwas kleiner und übersichtlicher, aber das ist für mich gerade das Angenehme – man ist nicht so distanziert. Man muss zwar mit der Karlsruher Mentalität zurechtkommen, aber wenn man ein wenig aufgetaut ist und sich kennengelernt hat, dann ist das alles schon sehr herzlich hier, und das finde ich das Begrüßenswerte.

Wenn diese Existenzgründer dann hier sind: Welche Ratschläge würdest du ihnen mit auf den Weg geben?

Wichtig ist im Vorfeld ein sehr guter Business-Plan und dass man darüber nachdenkt, welche Zielgruppe man ansprechen will. Auch Vertriebswege oder juristische Fragestellungen müssen vorab geklärt sein. Man darf nicht vergessen, dass gerade das Internet eine sehr heiße Plattform ist, wenn es darum geht, seine Produkte zu vertreiben. Das Internetrecht ändert sich ständig und teure Abmahnungen können schnell auf dem Tisch liegen. Für Existenzgründer ist das existenzbedrohlich. Hier muss man einfach schauen, wie der jeweilige Markt funktioniert und sich sehr gut beraten lassen und informieren. In der Kreativwirtschaft gibt es viele institutionelle Themen, die man beachten muss, z. B. die Künstlersozialkasse - da muss man eine mögliche KSK-Abgabepflicht in seinen Kalkulationen berücksichtigen. Es kann natürlich auch sein, dass es eine gewisse Zeit, auch ein paar Jahre, dauern kann, bis sich eine Geschäftsidee trägt und etabliert. Da ist Durchhaltevermögen gefragt und man darf nicht sofort enttäuscht aufgeben. Ich würde auch jedem Existenzgründer raten, sich die richtigen Partner und die richtigen Anwälte zu suchen. Gerade wenn man jung ist, lässt man sich davon begeistern, dass sich Andere für die eigene Idee interessieren und dann lässt man sich ausbeuten. Da muss man wirklich aufpassen. Man kann also ein paar Weichen selber stellen, dann muss man aber auch mit den Strukturen des Systems kämpfen, das ist schon manchmal hart. Aber das ist leider überall in der Welt so.

Dr. Oliver Langewitz ist der geschäftsführende Vorstand des Filmboards Karlsruhe und Leiter der Film- und Medienakademie Karlsruhe

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